Friedrich Rudolf Engelhardt 1894 - 1990
Quelle: Binger Annalen, Menschen der Heimat, Heft 9, 1975, Seite 23 ff.
Rudolf Engelhardt
Ein verdienstvoller Heimatforscher
von Dr. Werner LAUTER, Frankfurt/Main
Zweifelsohne gibt es nicht wenige gebildete Mitmenschen, die eine erfreulich wache
Aufgeschlossenheit für Heimatgeschichte bekunden und sie auch tatsächlich haben.Leicht
überschaubar ist indes der kleine Kreis mehr oder minder bekannter Idealisten, die sich eingehender
dem aktuellen bzw. Geschichte gewordenen Geschehen am Mittelrhein zuwenden und aufgrund intensiver
Nachforschungen zum Teil recht beachtenswerte Beiträge für den Abdruck in Jahrbüchern,
Zeitschriften oder Zeitungen aus Privatinitiative erarbeiteten.
Rudolf Engelhardt, bei dem sich schon in frühen Jahren eine deutliche Neigung
zum Forschen und Schreiben zeigte, vermochte in der relativ kurzen Zeitspanne von einem Jahrzehnt immerhin
fünf Monographien sowie nahezu hundert Aufsätze in rascher Folge der Öffentlichkeit vorzulegen.
Darüber hinaus hat er 1973 eine heimatgeschichtlich orientierte Zeitschrift ins Leben gerufen, die ein
allgemein positives Echo auslöste.
Bereits lange vor seiner am 25. März 1937 erfolgten Niederlassung in Bingen war
der aus Leipzig stammende Rudolf Engelhardt mit zahlreichen Exposes wie auch einem groß angelegten
diagnostisch- psychologischen Werk hervorgetreten. Gegen Ende der dreißiger Jahre erfuhr dieses Buch
erhöht Beachtung, namentlich in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo Engelhardt sogar eine Dozentur
angetragen wurde.
Fast alle Veröffentlichungen aus der Arbeitsphase von 1964 bis 1974 konzentrieren
sich schwerpunktartig auf die bunte und wechselvolle Binger Geschichte. Es läßt sich bei der
Lektüre seiner mit trefflichem Bildmaterial bereicherten Schriften unschwer erkennen, daß der
Verfasser , nicht zuletzt dank seiner flexiblen Technik des Schreibens, dem Leser keine fahlen und einseitig
beleuchteten Statisten vorführt, wie überhaupt die gesammte von Engelhardt ins Auge gefaßte
"Landschaft" nicht flächenhaft reduziert wirkt, sondern perspektivisch gesehen, lebensnah
gedeutet und ebenso versprachlicht wurde. Durch diese spezifische Darstellungsweise gelang es, bei
Jugendlichen wie Erwachsenen aus vielen Berufszweigen ein Interesse für Heimatgeschichte zu wecken.
Somit konnten klärende Einblicke in mannigfaltige Schichten neuerer wie längst verflossener
Epochen ermöglicht und eine Deutung der Grundbefindlichkeit lokalhistorischer Persönlichkeiten
vermittelt werden.
Der "Stadtschreiber von Bingen", wie Rudolf Engelhardt unlängst
bezeichnet wurde, hat in den zurückliegenden zehn Jahren unermüdlich Denkanstöße
gegeben, die das Gespräch um heimatgeschichtliche Fragenkomplexe anregte, wenn nicht sogar erstmals
spürbar aufleben ließ. Im Bestreben, das fündige Forschungsfeld der Heimatgeschichte
möglichst vielen Zeitgenossen zu erschließen, liegt ein beachtliches und nicht absprechbares
Verdienst, zu dem man Rudolf Engelhardt - der am 12. August 1974 bereits sein 80. Lebensjahr vollendete -
gratulieren kann.
Die von Herrn Dr. Lauter angesprochene heimatgeschichtlich orientierte Zeitschrift
bezieht sich auf die Binger Annalen, die Herr Friedrich Rudolf Engelhardt in den Jahren von 1973 bis 1983
veröffentlichte. Insgesamt handelt es sich um 23 Ausgaben. Darüber hinaus hat er zusätzlich
eine Reihe von eigenständigen Werken publiziert, wie z.B. das Buch "Der heilige Rupertus von
Bingen".